26. Januar 2022 Videoüberwachung in Deutschland – Sieht der Staat alles?

Die Videoüberwachung ist spätestens seit dem Zeitalter der Digitalisierung ein Thema in Deutschland. Hierbei stellen sich die Fragen, welche Voraussetzungen zur staatlichen Videoüberwachung erforderlich sind und wo die Grenzen einer solchen liegen.

Die staatliche Videoüberwachung ist ein kontrovers diskutiertes Thema, da die mediale Berichterstattung auch großflächig überwachte Staaten (z.B. China) zunehmend in den gesellschaftlichen Dialog eingebracht hat. Aber wäre eine solche „totale“ Videoüberwachung denn in Deutschland überhaupt möglich?

Die Videoüberwachung im öffentlichen Raum darf grundsätzlich nur zur Erfüllung staatlicher Aufgaben und in einem verhältnismäßigen Rahmen durch die Polizei vorgenommen werden. Die rechtlichen Grundlagen befinden sich in den jeweiligen Landespolizeigesetzen (bspw. Art. 32 PAG Bayern). In der Regel werden nur Kriminalitäts- und Gefahrenschwerpunkte (z.B. Bahnsteige) überwacht. Hierbei sind datenschutzrechtliche Vorschriften zu beachten, da die Videoüberwachung in die Grundrechte der freien Persönlichkeitsentfaltung (Art. 2 I GG) und informationellen Selbstbestimmung eingreift (Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG). Darüber hinaus ist das Recht am eigenen Bild sowohl durch die DSGVO in den Art. 4 und Art. 6 wie auch durch das Kunsturhebergesetz in § 22 geschützt. Folglich muss der Staat enge gesetzliche Grenzen seines Handelns beachten.

Auch mit der Videoüberwachung im Straßenverkehr verhält es sich ähnlich. Ebenso wie im öffentlichen Raum, darf die öffentliche Videoüberwachung nur zu den Zwecken der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr stattfinden. Für die Frage, wann es zu einer Speicherung von Daten oder zu einer bloßen Videobeobachtung am Bildschirm kommt hängt im Einzelfall von dem verfolgten Zweck der Maßnahme und vom jeweiligen Bundesland ab. Bezieht sich die Maßnahme auf die Abwehr konkreter Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder auf den Schutz der Funktionsfähigkeit gefährdeter öffentlicher Anlagen ist die Videoaufzeichnung erlaubt. Auch die zum Großteil in öffentlicher Hand liegenden öffentlichen Verkehrsmittel, welche aufgrund ihrer Teilnahme am Wettbewerb wie Privatunternehmen behandelt werden, dürfen Videoüberwachungen vornehmen (§ 4 BDSG). Allerdings besteht eine Informationspflicht gegenüber den überwachten Fahrgästen, darüber dass sie auf Bildmaterial aufgenommen werden. Zudem müssen die zur Überwachung getätigten Aufnahmen grundsätzlich innerhalb von 48 Stunden gelöscht werden. Außerdem bedarf es regelmäßiger Kontrollen der Notwendigkeit der Videoüberwachung zur Eignung als Präventivmittel. Im Regelfall übersteigt das Verhinderungs- und Aufklärungsinteresse von Straftaten das Interesse der überwachten Fahrgäste.

Anders verhält es sich mit der Videoüberwachung auf Privatgrundstücken und in privat geführten Unternehmen. Besitzt der Eigentümer ein berechtigtes Interesse an der Videoaufzeichnung seines Grundstücks ist er hierzu befugt. Dasselbe gilt für Unternehmen und deren Unternehmensgrundstücke. Die Anzahl an Kameras zur Überwachung ist nicht beschränkt, wichtig ist nur, dass der Aufnahmebereich jeder Kamera nur das eigene Grundstück erfasst. Sofern mit Publikumsverkehr zu rechnen ist, muss dieser auf die Videoaufzeichnung hingewiesen werden, etwa durch ein Hinweisschild außerhalb des Überwachungsbereichs. Bloße Attrappen oder abgeschaltete Überwachungskameras fallen nicht in Geltungsbereich der DSGVO.

In Deutschland heißt es also: Der Staat sieht das, was er sehen darf. 

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Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz

Verfasser: Jan Müller

WAGNER webvocat® Rechtsanwaltsgesellschaft mbH - Small.Different.Better

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