31. Oktober 2016 Wettbewerbsrecht: AddBlocker, wettbewerbswidriges Verhalten bei bezahltem „whitelisting“

Jeder Nutzer von Internetdienstleistungen wird früher oder später mit Werbebannern und ähnlichen Anzeigen konfrontiert. Bei vielen Nutzern stößt dies allerdings auf großes Unverständnis, so dass kurzerhand zu einem AddBlocker gegriffen wird, der als Browser Plugin die als störend empfundene Werbung ausblendet. Das OLG Köln hatte sich in diesem Zusammenhang mit der Frage zu beschäftigen, ob ein wettbewerbsrelevantes Verhalten im entgeltlichen „whitelisting“ zu sehen ist und ob dieses zu beanstanden ist (Urteil v. 24.06.2016 6 U 149/15).

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Ein AddBlocker funktioniert kurzgesagt in etwa so, dass aufgerufene Webseiten anhand markanter Schlüsselbegriffe und eingebetteter Verlinkungen gefiltert werden ,die auf Werbeinhalte schließen lassen. Diese Prozedur greift unteranderem auf von Nutzern erstellte Listen zurück, auf denen diese Schlüsselbegriffe etc. zusammengetragen werden, daher spricht man in diesem Zusammenhang auch vom sogenannten „blacklisting“.

Das „whitelisting“ behandelt demnach genau den umgekehrten Fall, es werden bestimmte Inhalte der Filterung entzogen und so dann auf der aufgerufenen Seite angezeigt.

Ein AddBlocker gehört ab „Werk“ nicht zum Funktionsumfang eines Browser, sondern muss im Rahmen eines Plugins nachträglich vom Nutzer installiert werden, wenn er diesen verwenden will. Im vorliegenden Fall musste das Unternehmen, welches seine Werbeinhalte „whitelisten“ wollte mit dem „Vertreiber“ des AddBlockers eine Vereinbarung mit Umsatzbeteiligung abschließen. Die Einstellungen des AddBlockers waren „ab Werk“ so eingestellt, dass sich der Nutzer damit einverstanden erklärt hat, dass Werbung von der „whitelist“ angezeigt wird, wollte er dies nicht, so musste er selbst die Einstellung im entsprechenden Abschnitt der Konfiguration ändern.

Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass zwar keine gezielte Behinderung i.S.d. §§ 3 Abs.1, 4 Nr. 4 UWG vorliegt, aber eine aggressive Praktik i.S.d. §4a UWG.

Voraussetzung für eine individuelle Behinderung ist, dass eine Beeinträchtigung der Möglichkeiten eines Wettbewerbers in Bezug auf dessen Entfaltungsmöglichkeiten im Bereich Absatz und Werbung vorliegt. Das sah das OLG als nicht gegeben an, da keine physische Einwirkung auf Produkt oder Werbung erfolgt und zudem der ganze Vorgang erst durch die Installation seitens des Nutzers in Bewegung gesetzt wird. Dem Grundgedanke des § 7 UWG sei zu entnehmen, dass der Nutzer ein zu berücksichtigendes Interesse verfolge im Bezug auf die Abwehr ungewünschter Informationen und eben dieses Interesse müsse in eine Gesamtabwägung mit einfließen. Solange diese Funktion vom Dienstanbieter also nicht aufgedrängt wird, sondern auf einer freien Entscheidung des Nutzers basiert, liegt keine Beeinträchtigung i.S.d. §§ 3 Abs.1, 4 Nr. 4 UWG vor.

Weiterhin hat das OLG festgestellt, dass zwar zwischen dem Nutzer und dem Anbieter von „Presseprodukten“ eine stillschweigendes Einverständnis vorliegen kann, dass kostenlose Inhalte nur werbefinanziert bereitgestellt werden, dies verpflichte den Nutzer aber keinesfalls die Werbung zur Kenntnis zu nehmen.

Voraussetzung für einen Verstoß gegen §4a Absatz 1 UWG ist, dass eine aggressive geschäftliche Handlung vorgenommen wird, die ihrerseits dazu geeignet ist, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die dieser anderenfalls nicht getroffen hätte. Vorliegend kommt als Aggressionsmittel zwar keine Belästigung oder Nötigung wohl aber eine unzulässige Beeinflussung in Betracht. Beim „whitelisting“ wird zwar ein erheblicher Anreiz geschaffen, eine Absprache mit Gewinnbeteiligung zu vereinbaren, aber dies geschieht nicht in Folge von einem körperlich unausweichbaren Verhalten, noch ist eine Vergütungsvereinbarung für sich genommen unzulässig.

Allerdings liegt hier eine Machtposition des AddBlockers vor, die dazu geeignet ist Druck auch ohne Anwendung oder Androhung von körperlicher Gewalt auszuüben.

Dies stellt mithin eine unangemessene und damit im Ergebnis auch unzulässige Beeinflussung dar.

Autor:
Florian Blinn

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