30. Juni 2016 Allgemeines: Neue Richtlinie zum Schutz von Know-how und Geschäftsgeheimnissen

Am 14. April 2016, nach fast fünf Jahren Vorlaufzeit, verabschiedete das EU-Parlament die Richtlinie „über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung? (2013/0402 (COD)).

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Ziel der Richtlinie ist die Schaffung europaweit einheitlicher Mindeststandards für den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Dabei bleibt Kern des Regelwerks die einheitliche Definition von Geschäftsgeheimnissen und der Schutzstandard im Verletzungsfall.

Ein Geschäftsgeheimnis im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Know-how-Richtlinie liegt nur vor, wenn die Information geheim ist, sie infolgedessen einen kommerziellen Wert besitzt und durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen des Berechtigten vor einer Veröffentlichung geschützt wird.

Durch das letzte Merkmal werden die Schutzanforderungen deutlich erhöht, künftig müssen die Unternehmen entsprechende Schutzvorkehrungen ergreifen und diese im Prozess auch nachweisen.

Die Richtlinie stellt ferner dar, unter welchen Umständen der Erwerb oder die Nutzung von Geschäftsgeheimnissen als rechtswidrig anzusehen ist. Ausdrücklich zulässig sind nun die Untersuchung, die Zerlegung und der Test von rechtmäßig erworbenen Produkten (sog. „Reverse Engineering“), was bislang in Deutschland nach dem UWG strafbar war.

Eine wichtige Ausnahme vom Anwendungsbereich der Richtlinie stellt die Regelung zum sog. „Whistleblowing“ dar. Die Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen soll danach weiterhin gestattet sein, wenn dies der Aufdeckung eines „Fehlverhaltens“ oder einer „illegalen Tätigkeit“ dient und die Aufdeckung im öffentlichen Interesse erfolgte. Somit wird sich für die deutsche Rechtsprechung zu diesem Thema kaum etwas ändern.

Erwähnenswert ist auch, dass dem Rechtsinhaber künftig verbesserte Anspruchsgrundlagen und Rechtsfolgen zustehen. Dabei wird der Schutz von Know-how-Rechten stark an die gewerblichen Schutzrechte angenähert. Derzeit werden Geschäftsgeheimnisse in Deutschland im Wesentlichen lediglich über die arbeitsvertragliche Treuepflicht aus § 611 BGB, die Vorschriften §§ 17, 18 UWG und § 823 BGB geschützt. Zukünftig sind auch die Geltendmachung von Unterlassungsverfügungen, Rückruf- und Vernichtungsansprüchen möglich. Umfasst ist nun auch die Möglichkeit der dreifachen Schadensberechnung einschließlich der Herausgabe Verletzergewinns oder Berechnung nach Lizenzanalogie.

Schließlich normiert die Richtlinie den Schutz von Geschäftsgeheimnissen in Gerichtsverfahren (Art. 9). Hierfür sieht die Richtlinie sogar Zugangsbeschränkungen zu Anhörungen und Dokumenten vor. Die Regelungen bedeuten auf jeden Fall eine klare Verbesserung zur gegenwärtigen Rechtslage in Deutschland, wo ein Geheimnisschutz in Zivilverfahren nur sehr rudimentär vorgesehen ist. Im Einzelnen bleibt abzuwarten, wie der vorhandene Umsetzungsspielraum durch den nationalen Gesetzgeber ausgefüllt wird, eine gravierende Anpassung der entsprechenden Vorschriften der ZPO und des GVG wird wohl erforderlich sein.

Fazit


Binnen der nächsten zwei Jahre müssen die EU-Mitgliedsländer die Richtlinie in nationales Recht umsetzen. In Anbetracht der diversen Neuerungen besteht für den deutschen Gesetzgeber ein deutlicher Umsetzungsbedarf. Unternehmen sollten schon jetzt ihre Vertragspraxis an die Mindeststandards der Richtlinie anpassen und den internen Geheimnisschutz im Hinblick auf organisatorische und rechtliche Standards sowie Maßnahmen der IT-Sicherheit überprüfen und nachweisbar machen.

Autor:
Daniel Alles

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