18. September 2018 Wettbewerbsrecht: Gebrauchte Ware ist beim Verkauf im Internet als solche zu kennzeichnen. Der Hinweis „refurbished certificate“ ist hingegen nicht ausreichend.

In einem Rechtsstreit zwischen dem Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv) und Amazon hat das Landgericht München I mit Urteil vom 30. Juli 2018 (Az. 33 O 12885/17) der Klage des vzbv stattgegeben und Amazon verurteilt, es zu unterlassen, Verbrauchern im Internet unter www.amazon.de gebrauchte Smartphones zum Kauf anzubieten, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um gebrauchte Ware handelt. 

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Die Produktinformation enthielt zunächst keinen Hinweis darauf, dass es sich um gebrauchte Ware handelte. Später ergänzte Amazon die Information um den Zusatz „refurbished certificate" und vertrat im Rechtsstreit die Auffassung, dass der Begriff „refurbished“ gerade im Zusammenhang mit elektronischen Geräten allgemein bekannt sei.

Das LG München I befand, dass das streitgegenständliche Kaufangebot von Amazon für ein Smartphone auf der Internetseite „www.amazon.de“ einen Verstoß gegen §§ 3, 5a Abs. 2 UWG darstelle. Denn das Angebot habe jeweils dem Verbraucher eine wesentliche Information in Form des gebrauchten Zustands des Smartphones vorenthalten, die erforderlich für eine informierte geschäftliche Entscheidung war und deren Vorenthalten geeignet war, den Verbraucher zu einer Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Das Gericht stellte fest, dass der normal informierte und angemessen aufmerksame verständige Durchschnittsverbraucher, auf dessen Ansicht es ankomme, daran gewöhnt sei, bei zum Kauf angebotenen Waren allgemein zwischen gebrauchten und ungebrauchten zu unterscheiden. Das deshalb, weil die Frage, ob ein Produkt bereits gebraucht ist oder nicht, Einfluss auf dessen Zustand und Lebensdauer habe und damit für die Preisfindung mitentscheidend sei. Auch die Gewährleistung könne eine andere sein.

Der Zusatz „refurbished certificate" ist nach Auffassung des LG München I nicht geeignet, den erwähnten Durchschnittsverbraucher über die Gebraucht-Eigenschaft des angebotenen Smartphones zu informieren. Denn dieser könne sich unter diesem Zusatz jedenfalls nichts in Bezug auf einen etwaigen gebrauchten Zustand vorstellen. Der Durchschnittsverbraucher sei bereits mit dem englischen Terminus „refurbished“ nicht vertraut. Ferner enthalte der Zusatz für den Durchschnittsverbraucher, selbst wenn er ihn wörtlich als „wiederaufbereitetes Zertifikat“ übersetze, keinen Hinweis darauf, dass das Smartphone selbst gebraucht ist.

Fazit:

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, sodass abzuwarten ist, ob Amazon Berufung dagegen einlegen wird. Es stellt klar, dass auch im Bereich von elektronischen Geräten deutlich und unmissverständlich auf die Eigenschaft als Gebrauchtware hinzuweisen ist. 

Da Amazon das streitgegenständliche Smartphone zunächst ohne den Zusatz „refurbished certificate" anbot und keine Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber dem vzbv abgab, besteht unzweifelhaft ein Unterlassungsanspruch. Ob die Auffassung des LG München I, dass der Zusatz „refurbished certificate" nicht geeignet ist, über die Gebrauchteigenschaft von Smartphones aufzuklären, vom Berufungsgericht bestätigt wird, bleibt abzuwarten. Derzeit ist man wohl auf der sicheren Seite, wenn man elektronische Geräte ausdrücklich als Gebrauchtware bezeichnet und nicht nur den Hinweis „refurbished certificate" verwendet.

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