26. Februar 2019 Bundesfinanzhof ändert Rechtsprechung: Eine Bruchteilsgemeinschaft kann nicht Unternehmer sein

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhof  (vgl. etwa Urteil vom 28. August 2014, V R 49/13) bestimmen sich die Person des Leistenden und die des Leistungsempfängers nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Mit anderen Worten findet der umsatzsteuerpflichtige Leistungsaustausch immer im jeweiligen unternehmerischen Vertragsverhältnis usw. statt.

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Bereits mit Urteil vom 22.November 2018, V R 65/17, hat der Bundesfinanzhof diese Rechtsprechung für die Bruchteilsgemeinschaft aufgegeben und festgestellt, dass die Bruchteilsgemeinschaft kein Unternehmer sein kann.

Stattdessen erbringen die Gemeinschafter als jeweilige Unternehmer anteilig von ihnen zu selbst versteuernde Leistungen, auch wenn die Gemeinschafter selbst nicht – sondern alleine die Gemeinschaft – Vertragspartner im Leistungsaustauschverhältnis ist.

Laut Pressemitteilung des Bundesfinanzhof vom 06. Februar 2019 „hatte der Kläger zusammen mit weiteren Personen Systeme zur endoskopischen Gewebecharakterisierung entwickelt. Die Erfindungen lizensierten sie gemeinsam an eine Kommanditgesellschaft (KG), die ihnen für die Lizenzgewährung Gutschriften auf der Grundlage des seit 2007 geltenden Regelsteuersatzes von 19 % erteilte. Die auf ihn entfallenden Lizenzgebühren versteuerte der Kläger demgegenüber nur nach dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Das für den Kläger zuständige Finanzamt (FA) erfuhr hiervon im Rahmen einer Kontrollmitteilung und erließ gegenüber dem Kläger geänderte Steuerbescheide. Hiergegen machte der Kläger u.a. geltend, dass nicht er, sondern eine zwischen ihm und den anderen Erfindern gebildete Bruchteilsgemeinschaft Unternehmer und damit Steuerschuldner für die Lizenzgewährung gegenüber der KG sei.“

Der Bundesfinanzhof ist in Abkehr seiner bisherigen Rechtsprechung mit seiner Entscheidung der Vorinstanz gefolgt und davon ausgegangen, dass die Gemeinschafter und nicht die Bruchteilsgemeinschaft als Leistender anzusehen sind, wenn in einem Vertrag der Gemeinschaft mit einem Dritten die gemeinschaftliche Berechtigung nach § 432 BGB abbedungen ist.

„Unternehmer ist nach allgemeinen Grundsätzen nur derjenige, der entgeltliche Leistungen erbringt. Die Person des Leistungserbringers richtet sich nach den der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnissen und damit im Regelfall nach dem Zivilrecht. Zivilrechtlich kann die nichtrechtsfähige Bruchteilsgemeinschaft aber keine Verpflichtungen eingehen und damit umsatzsteuerrechtlich auch keine Leistungen erbringen. Nach Maßgabe der zivilrechtlich geprägten Rechtsverhältnisse handelt es sich daher umsatzsteuerrechtlich bei Leistungen, die mit einem in Bruchteilsgemeinschaft stehenden Recht erbracht werden, um anteilige Leistungen der einzelnen Gemeinschafter. Die Rechtsprechungsänderung erfasst nicht nur Erfindergemeinschaften wie im Streitfall, sondern ist z.B. auch für die im Immobilienbereich weit verbreiteten Grundstücksgemeinschaften von großer Bedeutung.

Mit seinem Urteil schloss sich der BFH zudem der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an, nach der technische Schutzrechte nicht urheberrechtlich geschützt sind. Mangels Urheberrechtsschutz kommt eine Steuersatzermäßigung nicht in Betracht. Darüber hinaus bejahte der BFH eine Steuerhinterziehung durch den Kläger, da dieser bei Abgabe von Voranmeldungen auf der Grundlage des ermäßigten Steuersatzes dem FA hätte mitteilen müssen, dass ihm gegenüber nach dem Regelsteuersatz abgerechnet wurde.“

Fazit: Die Person des Leistungserbringers richtet sich nach den der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnissen und damit im Regelfall nach dem Zivilrecht. Zivilrechtlich kann die nichtrechtsfähige Bruchteilsgemeinschaft aber keine Verpflichtungen eingehen und damit umsatzsteuerrechtlich auch keine Leistungen erbringen. Die Rechtsprechungsänderung erfasst nicht nur Erfindergemeinschaften wie im Streitfall, sondern ist z.B. auch für Grundstücksgemeinschaften im Immobilienbereich von großer Bedeutung. Betroffene Gemeinschaften werden sich auf die geänderte Rechtsprechung einzustellen haben.

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Fachanwalt für Steuerrecht und
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