29. Januar 2016 Markenrecht: Änderung der Gemeinschaftsmarken in Unionsmarken

Seit dem 12. Januar 2016 ist eine neue EU-Richtlinie 2015/2436 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken in Kraft. Dies hat auch einige Änderungen der Gemeinschaftsmarkenverordnung zur Folge, die ab dem 23. März 2016 in Kraft treten wird.




Nachfolgend fassen wir die Änderungen für Sie zusammen:

1. Änderung der Bezeichnungen:

  • Der Name „Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt - Marken, Muster und Modelle“ (HABM) ändert sich in „Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum“ (englisch kurz: „EUIPO“).
  • Die Gemeinschaftsmarke (englisch: Community Trade Mark, CTM) heißt künftig „Unionsmarke“ (englisch: European Trade Mark, EUTM).
  • Die Gemeinschaftsmarkenverordnung (englisch: Community Trade Mark Regulation, CTMR) wird in „Unionsmarkenverordnung“, kurz: „UMV“, (englisch: European Trade Mark Regulation, EUTMR) umbenannt.
  • Der Präsident des Markenamts heißt künftig „Exekutivdirektor“ (englisch: Executive Direktor). Der Vizepräsident heißt künftig „Deputy“.
  • Das „Administrative Board“ wird zu „Management Board“.


2. Formalien und Anmeldeverfahren:

  • Es werden binnen 21 Monaten sog. „Unionsgewährleistungsmarken“ eingeführt werden. Diese Marken erlauben – ähnlich wie Kollektivmarken – der betreffenden Einrichtung oder Organisation, die Inhaberin dieser Marken ist, den Teilnehmern eines Gewährleistungssystems diese Marken für die Benutzung als Zeichen für Waren oder Dienstleistungen, die die vorab festgesetzten Gewährleistungsanforderungen erfüllen, zur Verfügung zu stellen.
  • Künftig wird es nicht mehr möglich sein, über die nationalen Markenämter Anmeldungen für Unionsmarken einzureichen. Sie müssen direkt vor dem neuen Unionsmarkenamt (EUIPO) eingereicht werden.
  • Die Benachrichtigungen über Unionsmarkenrecherchen und Unterrichtungsschreiben seitens des EUIPO werden vereinfacht werden. Nutzer werden wählen können, ob Ihnen diese Rechercheberichte und Schreiben zugesendet werden sollen oder ob sie zur Beschleunigung des Verfahrens darauf verzichten möchten.
  • Künftig wird es nicht mehr möglich sein, einen Disclaimer, d. h. eine Verzichtserklärung, um eine Zurückweisung wegen absoluter Schutzhindernisse zu vermeiden, eintragen zu lassen, weder von Amts wegen, noch freiwillig.
  • Bemerkungen Dritter im Anmeldeverfahren (sogenannte Third Party Observations) sollen nunmehr vor Ablauf der Widerspruchsfrist, oder im Falle eines Widerspruchs, vor der abschließenden Widerspruchsentscheidung eingereicht werden.
  • Des Weiteren kann das EUIPO künftig das Prüfungsverfahren bezüglich einer Unionsmarke jederzeit vor Eintragung der Marke wiedereröffnen.
  • Künftig müssen Anträge auf Inanspruchnahme der Priorität einer anderen Marke zusammen mit der Anmeldung der Union Marke eingereicht werden. Eine nachträgliche Einreichung dieses Antrags ist nicht mehr möglich.
  • Eine beschleunigte Anmeldung ist nunmehr gegen weitere Gebühren möglich.
  • Bei der Eintragung von Rechtsübergängen (Eintragung von Lizenzrechten, dinglichen Rechten etc.) sind künftig Unterlagen, aus denen sich der Rechtsübergang nachweisen lässt, zusammen mit dem Antrag vorzulegen. Im Hinblick auf Lizenzrechte kann künftig auch die Lizenzart und der räumliche Geltungsbereich der Lizenz im Register eingetragen werden.


2. Absolute Schutzhindernisse:

  • Die Voraussetzung, dass eine Marke grafisch darstellbar sein muss, fällt ab dem 24.09.2017 weg, d. h., dass künftig Marken in jeder Form angemeldet werden können, soweit die Darstellung der Marke eindeutig, präzise, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist.
  • Funktionelle Marken, z. B. Farb- oder Klangmarken, müssen künftig dieselben Voraussetzungen wie Formmarken, z. B. 3-D-Marken, erfüllen.
  • Die Prüfung im Rahmen von Nichtigkeitsverfahren wegen absoluter Eintragungshindernisse wird künftig auf die von den Beteiligten angeführten Gründe und Argumente beschränkt werden.


3. Waren- und Dienstleistungsverzeichnis:

  • Die bisher bestehende Praxis des Markenamts, die nach dem EuGH-Urteil „IP Translator“ praktiziert wurde, wird nun gesetzlich festgeschrieben. Dies bedeutet, dass von den angemeldeten Oberbegriffen der Nizza Klassifikation nur noch solche Waren umfasst sind, die von ihrer Wortbedeutung her tatsächlich unter die jeweiligen Begriffe fallen. Alle darüber hinausgehenden Waren müssen zusätzlich im Verzeichnis angeführt werden. Es wird eine Übergangsfrist von 6 Monaten geben, d. h. bis zum 23.09.2016, in der die Markeninhaber das Warenverzeichnis in diesem Sinne ergänzen können. Werden die Ergänzungen nicht vorgenommen, sind Waren vom Markenschutz ausgenommen, die nach der o. g. Rechtsprechung nicht unter die klare Wortbedeutung der Oberbegriffe der Nizza Klassifikation fallen.


4. Relative Schutzhindernisse:

  • Die Widerspruchsfrist für IR-Marken, die auf die EU erstreckt worden sind, beginnt künftig einen Monat nach dem Veröffentlichungsdatum der Anmeldung.
  • Widersprüche oder Löschungsanträge aufgrund geschützter geographischer Angaben oder geschützter Ursprungsbezeichnungen müssen künftig eine separate spezifische Begründung enthalten.
  • Im Rahmen eines Widerspruchverfahrens wird der Tag für den Beginn des Zeitraums, für den Benutzungsnachweise vorgelegt werden müssen, künftig der Anmelde- bzw. Prioritätstag der angefochtenen Unionsmarke sein (früher: Tag der Veröffentlichung der Anmeldung).
  • In Verletzungsverfahren vor Unionsmarkengerichten wird künftig eine Widerklage erst geprüft werden, wenn der Widerkläger oder das Gericht dem Amt das Datum der Erhebung der Widerklage mitgeteilt haben.
  • Das Markenamt wird künftig verpflichtet, dem Unionsmarkengericht mitzuteilen, ob bereits frühere Anträge auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit beim Amt eingereicht worden sind.
  • Im Rahmen von Verletzungsverfahren gegen jüngere Marken, können Anmelder dieser jüngeren Marken künftig ein sogenanntes „Zwischenrecht“ erheben, womit sie geltend machen können, dass die ältere Marke im Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke keine Unterscheidungskraft oder Bekanntheit besaß.


5. Beschwerdeverfahren, alternative Streitbeilegung:

  • Die Abhilfe in Inter-Partes-Verfahren wird gestrichen, um die Dauer der Beschwerdeverfahren zu verkürzen.
  • Die Entscheidungen der Beschwerdekammer werden erst wirksam werden, wenn entweder die Frist zur Klageerhebung abgelaufen oder ein Klageverfahren vor dem EuG rechtskräftig beendet ist.
  • Es besteht künftig die Möglichkeit, ein Mediationszentrum für die einvernehmliche Streitbeilegung zu installieren, geben.


6. Änderungen in den nationalen Markengesetzen:

Die Mitgliedstaaten haben drei Jahre Zeit, die Änderungen der neuen EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Dies betrifft vor allem folgende Änderungen:

  • Die Voraussetzung, dass eine Marke grafisch darstellbar sein muss, soll entfernt werden.
  • Widerspruchsverfahren und Löschungsverfahren wegen Nichtbenutzung werden nun europaweit bei den Ämtern eingeführt. Deutsche Löschungsverfahren müssen daher nicht mehr in Form von Klagen durchgeführt werden.
  • Künftig können Agentenmarken auch durch einen Antrag bei der Nichtigkeitsabteilung des Amtes oder durch eine Widerklage bei einem Unionsmarkengericht im Verletzungsverfahren übertragen werden.



7. Gebühren:

  • Künftig wird sich die Anmeldegebühr nicht mehr auf 3 Klassen beziehen, sondern nur noch auf eine Klasse. Für die 2. Klasse ist eine Gebühr von 50 €, für die 3. und jede weitere Klasse eine Gebühr von 150 € fällig.
  • Im Gegenzug wird die Anmeldegebühr von 900 € auf 850 € gesenkt.
  • Die Gebühren für die Verlängerung einer Marke in einer Klasse werden auf 850 € gesenkt. Dafür fällt jedoch für die Verlängerung in der 2. Klasse nunmehr eine Gebühr von 50 € und für die Verlängerung der 3. und jeder weiteren Klasse eine zusätzliche Gebühr von 150 € an.
  • Die Gebühren in Widerspruchs-, Löschungs- und Beschwerdeverfahren verringern sich.


8. Erweiterte Rechte der Markeninhaber:

  • Inhaber von Unionsmarken werden künftig das Recht haben, auch rechtsverletzende Waren im Transitbereich beschlagnahmen zu lassen, wenn dort keine Markenrechte bestehen.
  • Des Weiteren werden Markeninhaber das Recht haben, eine Markenbenutzung auch im Rahmen von Vorbereitungshandlungen auf Verpackungsmitteln vor Aufnahme der eigentlichen Benutzung zu untersagen.
  • Künftig wird man aus Unionsmarken auch gegen Firmennamen bzw. Unternehmenskennzeichen vorgehen können.



Fazit:

Bereits jetzt sollten Sie Ihre bisherigen Gemeinschaftsmarken in Bezug auf ein korrektes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis überprüfen und die notwendigen Erklärungen gegenüber dem Amt vorbereiten.

Des Weiteren sollten Sie, wenn Sie vorhaben, noch dieses Jahr Gemeinschafts- bzw. Unionsmarken anzumelden, diese vor dem 23. März 2016 anmelden, da die Anmeldegebühren ab diesem Zeitpunkt für sämtliche Markenanmeldungen, die mehr als zwei Klassen umfassen, angehoben werden.

Letztlich sollten Verlängerungen von Gemeinschafts- bzw. Unionsmarken, die dieses Jahr anstehen, erst nach dem 23. März 2016 vorgenommen werden, da sich die Verlängerungsgebühren reduzieren.

Falls Sie Fragen zu dem Artikel oder zum Markenrecht haben, können Sie uns gerne kontaktieren.

Wir helfen Ihnen schnell und kompetent.

Ihr Ansprechpartner für weitere Fragen ist:

Rechtsanwältin Daniela Wagner-Schneider LL.M.,
Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz

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