22. Mai 2017 Urheberrecht: „Panoramafreiheit“ bei Fahrzeugen?

Der BGH hat sich mit Urteil vom 27.04.2017 (Az. I ZR 247/15) mit der Frage beschäftigt, ob die „Panoramafreiheit“ auch im öffentlichen Verkehr anwendbar ist, wenn ein Werk auf einem Fahrzeug angebracht ist.

 

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Der Entscheidung liegt verkürzt folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Reiseveranstalter für Landausflüge, fotografierte den Bug eines AIDA- Kreuzfahrtschiffes und machte die Fotos auf seiner Internetseite (wohl zwecks Werbung) zugänglich.

Der Bug der AIDA-Kreuzfahrtschiffe ist mit einem stilistisch auffälligen Gesicht mit großem roten „Kussmund“ verziert.

Dieses Design ließ die Gesellschaft von einem Künstler kreieren, der ihr so dann das örtlich, wie auch zeitlich, uneingeschränkte und ausschließliche Nutzungsrecht durch einen Lizenzvertrag übertrug.

Der Gesellschaft war es damit gestattet die Bemalung an der Schiffsaußenseite nach belieben zu übermalen oder auch wieder zu reproduzieren, lediglich eine Veränderung war ihr nicht gestattet. Zudem durften die Reinzeichnungen und die Entwürfe beliebig vervielfältigt werden.

In einer der vorigen Instanzen stellte sich weiterhin das Problem, ob der Klageantrag überhaupt bestimmt genug sei, da der oben erwähnte „Kussmund“ auf den Fotos nur vage erkennbar gewesen sei. Das Gericht befand dann allerdings, dass eine ausreichende Bestimmtheit dennoch vorliege, da andere charakteristische Teile des Werkes (die geschwungene Augenbraue) sichtbar gewesen seien.

Bei der rechtlichen Beurteilung des Falles hinsichtlich der Urheberrechtsfähigkeit des Werkes bestanden weder beim BGH noch in den Vorinstanzen Zweifel.

Allerdings gingen so dann die Meinungen auseinander, ob der Veranstalter durch die Veröffentlichung der Fotos gegen §§ 97 Absatz 1, 19a UrhG verstoßen und damit eine Urheberrechtsverletzung begangen hat.

Hier kommt die sogenannte „Panoramafreiheit“ des § 59 UrhG ins Spiel, welche das Urheberrecht einschränkt.

Der dahinterstehende Rechtsgedanke ist, dass Kunstwerke an öffentlich zugänglichen Orten gemeinfrei sein sollen, d.h. sie dürfen beliebig mit den in § 59 UrhG genannten Mitteln abgebildet, vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben werden.

Knackpunkt dabei ist, dass der Regelfall von § 59 UrhG ortsfeste Werke betrifft, nun war fraglich, ob dies auch auf ein Kreuzfahrtschiff ausgedehnt werden kann, welches sich nicht dauerhaft an derselben Stelle befindet.

Der BGH hat zu dieser Frage wörtlich wie folgt Stellung genommen: „ […]Ein Werk befindet sich im Sinne dieser Vorschrift an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, wenn es von Orten aus, die unter freiem Himmel liegen und für jedermann frei zugänglich sind, wahrgenommen werden kann. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn ein Werk nicht ortsfest ist und sich nacheinander an verschiedenen öffentlichen Orten befindet. Ein Werk befindet sich bleibend an solchen Orten, wenn es aus Sicht der Allgemeinheit dazu bestimmt ist, für längere Dauer dort zu sein. […]“.

Fazit:

Die „Panoramafreiheit“ erfasst damit auch Werke die auf Fahrzeugen angebracht sind, welche sich im öffentlichen Verkehr bewegen. Der BGH stellt in dieser Entscheidung noch einmal klar, dass ein Künstler damit leben muss, dass sein Werk abgelichtet und veröffentlicht wird, wenn er mit dem Anbringen an einer solchen „Örtlichkeit“ einverstanden war.

Autor:
Florian Blinn

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