30. März 2016 Steuerstrafrecht: Zur Selbstanzeige bei einschlägiger medialer Berichterstattung

Nach einer Entscheidung vom Oberlandesgericht Schleswig-Holstein schließt die Kenntnis einschlägiger Medienberichterstattung über den Ankauf einer Steuer-CD‘ unter Bezugnahme der betroffenen Banken die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige gemäß §371 Abs.2 Nr.2 AO jedenfalls dann aus, wenn der Täter aufgrund der Berichterstattung mit einer Entdeckung rechnen musste.


  Druckversion


Sachverhalt:

Im entschiedenen Fall unterhielt der Angeklagte in der Schweiz mehrere schwarze Bankkonten. Im August 2012 entschloss er sich dazu diese Konten aufzulösen, das Geld nach Deutschland zu transferieren und dies dem Finanzamt gegenüber offenzulegen. Zur gleichen Zeit fiel der Angeklagte im Rahmen angekaufter Steuer-CDs deutscher Finanzbehörden bereits auf und gegen ihn wurde im August 2012 ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung für die Jahre 2007 bis 2010 eingeleitet. Im September 2012 reichte der Angeklagte seine Steueranzeige ein.

Die Medien berichteten zu dieser Zeit über den Ankauf mehrerer Datenträger mit Datensätzen von Schweizer Banken unter namentlicher Nennung der betroffenen Banken unter denen sich auch die Bank ‚Julius Bär‘ des Angeklagten befand.

Das Landgericht Kiel hat daraufhin mit Urteil vom 27. November 2014 die strafbefreiende Wirkung des §371 Abs.1 AO unter Bezugnahme des Abs.2 Nr.2 verneint mit der Begründung, dass dem Angeklagten zum Zeitpunkt der Selbstanzeige bereits bekannt war, dass ein Datenträger Kundendaten seiner Bank enthält. Daraufhin ging der Angeklagte in Revision.

Entscheidung des OLG Schleswig-Holstein:

Das Oberlandesgericht wies mit Beschluss vom 30. Oktober 2015 im Verfahren 2 Ss 63/15 (71/15) die Revision des Angeklagten als unbegründet ab. Das OLG lehnt sich an die Argumentation des LG an und sieht keine Verletzung materiellen Rechts, insbesondere greife der Sperrgrund des §371 Abs.2 Nr.2 AO ein.

Das Gericht stützt seine Argumentation darauf, dass

  • zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Hinterziehungstaten bereits entdeckt waren
  • und der Angeklagte unter Würdigung der Gesamtsituation mit einer möglichen Entdeckung seiner Steuerstraftaten rechnen musste.


Schwerpunkt der gerichtlichen Entscheidung liegt auf dem Terminus: „Rechnenmüssen“. Dabei kommt es gerade nicht nur auf die dem Täter bekannten Umstände (=positive Kenntnis) an, sondern es reicht aus, dass der Täter die Tatentdeckung für möglich oder gar wahrscheinlich hält, auch wenn weiterhin eine gewisse Unsicherheit besteht.

Dabei stützt sich das OLG auf die Argumentation des BGH, welcher den Tatbestand des §371 AO ebenfalls restriktiv auslegt und eine Tatentdeckung annimmt, „wenn der Täter aufgrund der ihm bekannten Umstände eine Entdeckung für naheliegend hält, ohne hiervon aber bereits sicher auszugehen“.

Das LG hat damit zu Recht angenommen, dass der Angeklagte mit seiner Tatentdeckung rechnen musste. Insbesondere die Einbeziehung seines Steuerberaters, welcher ihn darauf hinwies, dass mit dem stattgefundenen Ankauf der Datensätze zum Jahreswechsel 2011/2012 ein „enormes‘ Entdeckungsrisiko verbunden ist, lässt darauf schließen. Es ändert auch nichts an der Entscheidung, dass sich die Medien in ihrer Berichterstattung nur auf eine der betroffenen Banken bezogen, denn §371 Abs.2 Nr.2 AO schließt eine Steuerbefreiung schon dann aus, wenn eine der Steuerstraftaten schon oder nur zum Teil aufgedeckt wurde.

Fazit


Wurden die Steuerstraftaten eines Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt der Medienberichterstattung bereits entdeckt und der Betroffene hatte positive Kenntnis hiervon oder musste mit einer Tatentdeckung rechnen, greift die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige nicht ein. Damit werden die Anforderungen an den Sperrgrund des §371 Abs.2 Nr.2 AO verschärft, da einer möglichen Entdeckung der Strafverfolgung durch die Medien besondere Bedeutung zukommt.

Autor: Daniela Tussing

Falls Sie Fragen zu dem Artikel oder zum Steuerstrafrecht haben, können Sie uns gerne kontaktieren.

Wir helfen Ihnen schnell und kompetent.

Ihr Ansprechpartner für weitere Fragen ist:


Rechtsanwalt Arnd Lackner,
Fachanwalt für Steuerrecht und
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

WAGNER Rechtsanwälte webvocat® - Small.Different.Better

 

 

Zurück

Weiterempfehlung in Social Networks: