31. März 2016 WIRTSCHAFT: Sensorkabel macht Einbrechern die Arbeit schwer

Pressemitteilung der Universität des Saarlandes - Saarbrücken - Mittwoch, 30. März 2016

Wenn sich ein Einbrecher aufs Grundstück schleicht oder Pferd, Hund und Schaf sich aus dem Staub machen, wollen die Besitzer gewarnt werden. Experimentalphysiker der Universität des Saarlandes bieten dafür eine flexible Sicherheitslösung, die sich für Gärten, Hauseinfahrten, Firmengelände oder auch Weideland und Wald eignet: Das Sensorkabel, das Professor Uwe Hartmann und sein Team entwickelt haben, warnt sofort, wenn und wo jemand seinen Weg kreuzt. Es kann an langen Zäunen befestigt, in Bäume gehängt oder sogar vergraben werden. Unbeirrbar misst es jede Veränderung im Erdmagnetfeld und schlägt Alarm – etwa übers Smartphone.


Die Forscher suchen Partner aus Unternehmen und Industrie, mit denen sie ihr System zur Serienreife weiterentwickeln können, vom 25. bis 29. April auf der Hannover Messe am saarländischen Forschungsstand (Halle 2, Stand B 46).

Einbrecher gehen naturgemäß gern unbeobachtete Wege. Statt an der belebten Straße mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen als gewollt, ist nach einem beherzten Sprung über den Gartenzaun an Terrassentür oder Fenster mehr Ruhe und Zeit für die Arbeit im Verborgenen. Dass solche Manöver nicht unbemerkt ablaufen, dafür kann ein dünnes Kabel sorgen, das Physiker der Saar-Uni ursprünglich zur Sicherung großer Flughafen-Gelände entwickelt haben: „Sensible Magnetfeld-Sensoren, die im Kabel aneinandergereiht sind, nehmen jede noch so kleine Änderung des Erdmagnetfeldes wahr, das sie umgibt. Also einige Meter in jede Richtung“, erklärt Professor Uwe Hartmann. Das können die Erschütterungen der Drahtmaschen sein, wenn jemand über den Zaun klettert, oder der Reißverschluss an der Jacke dessen, der nichts Gutes im Schilde führt: Geht dieser etwa über das im Boden der Einfahrt eingelassene Kabel, stellt auch dies für die Sensoren eine Abweichung von den vorherigen Messwerten und Signalmustern dar.


Die kleinen Messfühler sind vernetzt, und melden jede noch so kleine Störung in die zentrale Auswerteeinheit, die in einem winzigen Microcontroller untergebracht ist: Dort wird die Meldung weiterverarbeitet und automatisch von Fehlalarmen unterschieden, die etwa durch harmlosen Wind am Zaun ausgelöst wurden. „Die Signalmuster unterscheiden sich je nach Art der Störung. Durch unsere bisherigen Forschungen können wir etliche Arten von Erschütterungen und Änderungen des Magnetfeldes einzelnen Störungen zuordnen, also erkennen, ob sie von einem Menschen, von Wind, einem Auto oder einem Tier herrühren“, erklärt Hartmann. Daher kann das System auch erfassen, ob Weidetiere oder der Hund aus dem Gebiet ausbüchsen, auf dem sie bleiben sollen – ein kleines Metallstück am Halsband genügt.


Damit die „Zentrale“ von selbst Übertritte ihrem Verursacher zuordnen und Fehlalarme aussortieren kann, simulieren die Physiker Störungen an Testzäunen. Mit ihren Ergebnissen lernen sie das System für typische Ereignisse an, indem sie diese mathematisch modellieren und die Auswerteeinheit entsprechend programmieren. „Diese Sensortechnik wollen wir noch weiter verfeinern“, erklärt der Physiker Haibin Gao, der in Hartmanns Team forscht. Bewertet das System die Lage als ernst, wird eine Nachricht abgesetzt, die via Bluetooth aufs Smartphone oder Tablet geschickt werden kann. „Das System gibt genau an, wo die Störung gemessen wurde, was vor allem bei großen Grundstücken interessant ist“, sagt Gao.


Das Sensorkabel braucht nicht viel Strom, so dass eine Versorgung etwa über Solargeneratoren möglich wäre. „Zäune und zum Beispiel Toreinfahrten können mit demselben System gesichert werden, das einmal unterirdisch und einmal überirdisch verlegt sein kann. Das Kabel kann in verschiedene Sektionen aufgeteilt werden und ermöglicht so, es flexibel ganz nach Bedarf zu installieren“, sagt Uwe Hartmann. Die Sensoren sind nahezu verschleißfrei und die Messung ist unabhängig von der Witterung. Regen oder Nebel können ihnen nichts anhaben. „Auch vom Datenschutz her sind die Messungen unbedenklich, da keine Informationen gespeichert werden. Die Privatsphäre etwa von Nachbarn kann nicht verletzt werden. Auch Hacker finden keine Angriffsfläche“, erläutert der Experimentalphysiker. Das System kann aber auch mit Kameras oder Licht gekoppelt werden, die sich bei Störung einschalten.


„Für den Einsatz im privaten Bereich müssen die Sensorkabel kostengünstig hergestellt werden können. Auf der Hannover Messe suchen wir Partner, die das System mit uns zur Serienreife entwickeln“, sagt Hartmann. Verschiedene Sensorsysteme, die seine Arbeitsgruppe entwickelt hat, werden bereits als Verkehrsleitsysteme eingesetzt, etwa an Flughäfen.

„Wir erhalten immer mehr Informationen und haben immer weniger Zeit, diese zu durchdringen“, erklärt Philipp Adamidis, Student der Betriebswirtschaftslehre an der Universität des Saarlandes. Zusammen mit Jevgenij Sadovskij, einem erfahrenen Software-Entwickler, will er dies für Online-Medien ändern. Sie arbeiten an einer Visualisierungsplattform, die Facebook-Beiträge, Twitter-Tweets und Nachrichtenmeldungen geschickt auf dem Bildschirm des jeweiligen Endgerätes darstellt. Sie bewertet neue Beiträge zum Beispiel danach, wie häufig sie von anderen geteilt wurden oder ob sie thematisch für den Nutzer interessant sind und platziert sie entsprechend.

Ihr aktueller Prototyp demonstriert dies anhand von Twitter, der Online-Plattform für Kurznachrichten, die Anwender dort im Sekundentakt veröffentlichen, bewerten und weiterleiten. Die von den Studenten entwickelte Anordnung auf dem Monitorbildschirm gleicht der von Zetteln auf einer Pinnwand. Jedoch sind die Rechtecke, die jeweils Text und Bild umrahmen, unterschiedlich groß. Das größte ist in der linken, oberen Bildschirmecke platziert. Im Moment ist es die Meldung eines Finanznachrichtendienstes, der einer neuen Comicverfilmung Rekord-Einspielergebnisse voraussagt. „Es wird gerade von unserem Board als die wichtigste Meldung angesehen, da Anwender auf Twitter sie am häufigsten angeklickt und am häufigsten weitergeleitet haben“ erklärt Adamidis. „Je mehr Personen dies tun, desto schneller wandert der jeweilige Inhalt von rechts unten nach links oben und gewinnt dabei an Größe.“ Entsprechend wird der unwichtigste Beitrag als kleinstes Rechteck in der rechten, unteren Bildschirmecke dargestellt. „Auf diese Weise kann man das Board offenlassen und zuschauen. Man erhält die neuen Informationen, ohne die Maus bewegen oder die Seite neu laden zu müssen“, erklärt Adamidis.

Der einzelne Anwender kann die Inhalte auch selber positionieren. Dies wollen die beiden Gründer in spe dann mit Rechenverfahren aus dem Maschinellen Lernen auswerten. Auf diese Weise erhalten sie nicht nur ein genaueres Trend-Barometer, sondern können auch für den jeweiligen Anwender sicherstellen, dass dieser nur die Inhalte bekommt, die ihn tatsächlich interessieren. Des Weiteren denken Adamidis und sein Team über optimierte Werbung nach. „Stellen Sie sich vor, ein Info-Element wächst sehr schnell. Dann könnte ein Werbe-Element in dessen Nähe rücken, um den eigenen Inhalt besser zu bewerben. Versehen mit einem kleinen Hinweis, würde dies die organische Struktur nicht stören“, so Adamidis.

Ihre Software haben die beiden Gründer auf die Abkürzung „Uvibo“ getauft. Sie steht für „Universal Visualization Board“. Adamidis erklärt: „Universal deswegen, weil unser Board überall einsetzbar ist. Es ist egal, ob es in die Website einer Nachrichtenseite eingebunden ist oder auf einem Bildschirm läuft, der im Wartesaal hängt oder auf einer Gewerbemesse steht.“ Kommenden Juni wollen sie eine Firma gründen, um ihre Visualisierungsplattform zu vermarkten. Der auf dem Campus ansässige IT Inkubator unterstützt sie daher schon seit August des vergangenen Jahres. Erste Gespräche mit einem namhaften internationalen Verlag haben die beiden Gründer in spe bereits geführt, Kontakte zu einem großen deutschen Verlag bestehen auch bereits.

Hintergrund: Der IT-Inkubator an der Universität des Saarlandes

Durch den IT Inkubator sollen für Wirtschaft und Industrie interessante Forschungsergebnisse aus den weltweit renommierten Informatik-Instituten auf dem Campus der Universität des Saarlandes und der Max-Planck-Gesellschaft soweit weiterentwickelt werden, dass daraus Unternehmen in der Region und Produkte oder Lizenzen für diese neuartigen Technologien entstehen. Dazu wurde der IT-Inkubator im November 2013 als öffentliche Forschungseinrichtung in der Unternehmensform einer GmbH gegründet. Der IT-Inkubator wird durch Mittel der saarländischen Landesregierung, der Universität des Saarlandes und der Max-Planck-Innovation GmbH finanziert. Die Gesellschafter des IT Inkubators sind die Technologietransferorganisationen Max-Planck-Innovation GmbH und die Wissens- und Technologietransfer GmbH (WuT) als Vertreterin der Universität des Saarlandes.

Weitere Informationen zu diesem Artikel finden Sie auf den Seiten der Universität des Saarlandes unter:
http://www.uni-saarland.de/nc/aktuelles/artikel/nr/14392.html

Verantwortlich für den Inhalt der Meldung ist die  Pressestelle der Universität des Saarlandes, Saarbücken.

Pressefotos für den kostenlosen Gebrauch unter: www.uni-saarland.de/pressefotos.html

Zurück
© Universität des Saarlandes - Foto: Oliver Dietze

Weiterempfehlung in Social Networks: